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Mittwoch 13.10.
Als wir früh am Morgen aufwachen sahen wir draußen nur Bäume. Nein das ist kein
Traum, wir sind immer noch mitten im Wald. Es ist einfach toll, aus dem Wohnmobil tretend,
von einer morgendlichen Waldstimmung begrüßt zu werden. Dennoch räumen wir bald unsere
Sachen zusammen und fahren wieder in Richtung Zivilisation.
Zurück in Ornans stürmen wir einen Supermarkt - unsere Lebensmittel sind
wirklich knapp geworden. Wir müssen ein ziemlich komisches Bild für die Franzosen
abgeben: eine Gruppe von strahlenden Gesichtern, die von einem Supermarktregal zum
nächsten läuft, und sich dort dankbar und begeisterungsfähig an diversen Lebensmittel
lautstark erfreuen kann. Nach einem provisorischen Frühstück auf dem
Supermarktparkplatz, beschließen wir, zur Quelle der Loue zu wandern. Schon wenig später
fahren wir immer tiefer in die Berglandschaft hinein, durch verschlafene Dörfer und
vorbei an tiefen Abgründen. Manchmal knnen wir in der Tiefe die vertraute Loue erspähen.
Schließlich geht es nur noch zu Fuß weiter.
Unten am Fluss werden wir von einigen Schildern begrüßt, die
uns vor einem Brtreten des Flußbettes warnen, weil der Wasserspiegel aufgrund des
nahegelegenen Wasserwerkes sehr schnell ansteigen könne. Mit dieser Vorkenntnis beginnt
also unsere Wanderung. Wir folgen einem kleinen Pfad, der sich parallel zum Fluß immer
tiefer in das Bergmassiv hinein schlängelt und uns durch einen wunderschönen Wald mit
bemoosten Bäumen und Felsen führt. Trotz der Warnung können wir
irgendwann nicht mehr widerstehen und so wagen wir uns zum Flußbett, um uns zu erfrischen
oder von Stein zu Stein springend zu beeindruckenden Wasserfällen zu gelangen. In vielen,
vielen Jahren haben die im Wasser gelösten Stoffe ein versteinertes Flussbett mit
bizarren Formen entstehen lassen. Einige von uns trauen sich auch mit den Füßen in das
eiskalte Wasser oder gönnen sich sogar ein Vollbad, das mit anfänglichem lauten
Gekreische wegen des Kälteschocks - und einem späteren Hochgefühl und innerer Wärme
verbunden ist.
Danach wird der Pfad immer steiler, und plötzlich sehen wir ein
riesiges Wehr, das den Wasserstand des Flusses regulieren kann. Jetzt verstehen wir die
Warnungen! Beeindruckt gehen wir weiter bis unser Weg vor einer riesigen Felswand endet,
wir sind am Ziel. Wir fühlen uns unglaublich klein, vor der gigantischen Felswand, aus
der mit unvorstellbarer Ruhe und Kraft das Wasser der Loue fließt. Wir müssen uns erst
einmal setzen, um dieses gigantische Naturschauspiel begreifen und genießen zu können.
Wir könnten wirklich stundenlang an diesem Ort bleiben, würde sich nicht ein nagendes
Hungergefühl breitmachen. Einige von uns gestalten sich den Rückweg ein wenig
abenteuerlicher, indem sie auf einer Mauer neben tiefen Abgründen entlang balancieren -
unser Weltbild bezüglich der Bedeutung des Menschen in der Großartigkeit der Natur hat
sich vollkommen verändert.
Am Abend gönnen wir uns den vermeintlichen Luxus, Essen zu gehen. Die Speisekarte
verstehen wir allerdings nicht wirklich und die Rechnung noch weniger. Nebenbei fehle uns
der Sternenhimmel. Wir sind eben richtige Naturfreaks geworden. Unsere anschließende
nächtliche Wanderung durch Ornans mit süßem, französischem Cidre ist jedoch ein
gelungener Abschluß dieses Tages.
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